Institut Ramon LLull

Ein Vorschlag von Oriol Fontdevila und Lara Fluxà vertritt Katalonien bei der Biennale der bildenden Künste in Venedig 2022

Kunst.  VENICE, 20/07/2021

Katalonien nimmt mit dem von Oriol Fondevila kuratierten Projekt "Llim" mit dem Werk der Künstlerin Laura Fluxà an der 59. Biennale der bildenden Künste in Venedig 2022 im Rahmen des Programms Eventi Collaterali teil. Die katalanische Präsenz auf der Biennale von Venedig, die am 23. April 2022 eröffnet wird, ist eine Produktion vom Institut Ramon Llull.




Auswahlverfahren

Um den Gewinnerbeitrag auszuwählen, hat das Institut Ramon Llull eine aus einem Vorsitzenden, drei Mitgliedern und einer Schriftführerin des Institut Ramon Llull bestehende Expertenkommission ernannt. Der Vorsitzende war Hiuwai Chu (MACBA), und bei den Mitgliedern handelte es sich um Mabel Palacín (Künstlerin), Anna Pahissa (Hangar) sowie Carles Guerra, einem unabhängigen Kommissionsmitglied.

Das Auswahlverfahren wurde in zwei Phasen unterteilt. In der ersten Runde konnten alle interessierten Fachleute und Unternehmen, die die Anforderungen erfüllten, Vorschläge einreichen. In dieser ersten Runde, die am 1. Juli 2021 endete, mussten die Kandidatinnen einen Lebenslauf und einen zweiseitigen Vorschlag mit den allgemeinen Ideen des Projekts und dem/der oder den ausgewählten Künstlerinnen vorlegen. Die Expertenkommission wählte aus diesen Vorschlägen unter Berücksichtigung der Ausschreibungsgrundlagen drei Finalistinnen für die Teilnahme an der zweiten Runde aus.

In dieser zweiten Runde haben die drei Finalistinnen ein Projekt mit der inhaltlichen Ausgestaltung, einen Vorschlag zur Museumsgestaltung und ein Budget vorgelegt.

Sie wurden am 20. Juli 2021 in den Sitz des Institut Ramon Llull im Palau Baró de Quadras eingeladen, um ihren Vorschlag persönlich vor der Expertenkommission zu verteidigen.


Gewinnerbeitrag

Llim (Schlamm) ist eine auf der Materie basierende Suche, die Wasser und Glas als der Stadt Venedig inhärente Elemente in den Vordergrund stellt, um einen Organismus zu kreieren, der eine Fülle von Konzepten vorschlägt.

Llim ist ein Organismus, der in seinem Kontinuum Zeugnis bezüglich des Materialflusses, seines Vitalismus sowie seiner Zerbrechlichkeit ablegt. Der Philosoph Henry Bergon hat den Lebensfluss als durchgehenden Strom beschrieben, als eine unendliche Sequenz von Transitionen, in denen die Materie ständig ihren Zustand ändert. Die Änderungen in der Existenz erfolgen unermüdlich und fusionieren in einer Weise miteinander, die praktisch nicht wahrzunehmen ist. Deshalb ist das wirklich Erlebte die Kontinuität.

Der Vorschlag Llim beinhaltet eine situierte Erfahrung der Viskosität sowie einen Ausdruck des Lebensflusses. In seiner Eigenschaft als viskoser Organismus erwacht "Llim" zum Leben, indem er den in seiner unmittelbaren Umgebung koexistierenden menschlichen und nichtmenschlichen Elementen anhaftet. Die Viskosität geht weder aus der Synthese noch aus der Verdoppelung hervor, sondern aus der Anhaftung. Als situierte Erfahrung basiert sie auf dem Begriff situated knowledges (situiertes Wissen), den Donna Haraway gegen Ende des Jahrhunderts (1995) geprägt hat: Llim strebt nicht an, das Werk von Lara Fluix an die kontextuelle Besonderheit von Venedig anzupassen, sondern die Sedimente, aus denen dieses Phänomen gemäß der Logik der Viskosität besteht, aufzunehmen. In Bezug auf den Begriff von Haraway handelt es sich folglich um das Verschaffen einer Erfahrung, die in dem Maße real ist, in dem sie innigst mit der Eventualität des Phänomens und den damit verbundenen Technologien an einem bestimmten Ort verknüpft ist.

Llim ist eine Kleinsche Flasche, die sich in Raum und Zeit ausweitet und auf derselben Ebene der Realität die kulturellen und materiellen Sedimente, aus denen sich die Viskosität zusammensetzt, verknüpft, und zwar so, wie diese sich in Venedig offenbart.

Das Wasser, der Schlamm, der Kanal: Ein an einem Ufer des Canale di San Pietro installiertes Pumpsystem pumpt ständig Wasser in das Gebäude, in dem sich der katalanische Beitrag zur Biennale in Venedig mit aus dem Kanalbett stammender Materie befindet. Im Gebäudeinneren zirkuliert das Wasser mit Schlammresten. Nach wenigen Minuten kehrt das Wasser in die Kanalisation von Venedig zurück. Nach und nach, während der gesamten Dauer der Biennale, nimmt die Installation den Untergrund von Venedig auf, der sich durch das Durchqueren der Rohrleitungen dieses Organismus entsprechend verlagert.

Parallel zum Wasser gibt es im Gebäude noch weitere Rohrleitungssysteme mit erheblich kürzeren geschlossenen Kreisläufen, in denen andere Flüssigkeiten wie Milch oder Erdöl kreisen. Die Flüssigkeiten werden über die gesamte Gebäudelänge über ein System aus amorphen Glasrohren transportiert, die mehr oder weniger organische Formen annehmen.

Durch das Glas kann der große geschlossene Kreislauf, der dem Organismus in all seiner Größe seine Form verleiht, artikuliert werden: das Kontinuum, das die durch die Körperkanäle der Glasbläser zirkulierende Luft mit dem Wasser verbindet, das durch die kanalförmigen Rohrleitungen in Venedig fließt.


Kurator

Oriol Fontdevila. Foto Eva Carasol cortesia de Fabra i Coats

Foto: Eva Carasol (mit freundlicher Genehmigung von Fabra i Coats)

Oriol Fontdevila (Manresa, 1978) ist Kurator, Schriftsteller und Wissenschaftler mit Schwerpunkt auf Praktiken von Kunst und Bildung. Er ist Doktorand im Programm für Geisteswissenschaften und Kommunikation an Universität UOC und hat in zahlreichen

Zentren und Museen für zeitgenössische Kunst verschiedene kuratierte Projekte entwickelt, wie beispielsweise in Fundació Antoni Tàpies, Fundació Joan Miró, Centre d’Arts La Virreina, Centre d’Arts Santa Mònica, Centre de Cultura Contemporània El Carme de València oder Vojvodina Contemporary Art Museum in Novi Sad, Serbien. Er war Mitglied des Kuratorenteams des europäischen Projekts Performing the Museum sowie künstlerischer Leiter von Sala d'Art Jove, einer Initiative Junger Kunst der Generalitat de Catalunya. Sein Essay El arte de la mediación (Die Kunst der Mediation) wurde 2018 von consonni (Bilbao) veröffentlicht. Das Werk konnte dank eines Forschungsstipendiums des Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía (MNCARS) verfasst werden. Er hat bei zahlreichen Büchern und Katalogen zeitgenössischer Kunst mitgearbeitet. Er ist Gastdozent bei verschiedenen Master- und internationalen Studienprogrammen. Gegenwärtig ist er Lehrbeauftragter an der Universität EINA.

Künstlerin

Lara Fluxà (Palma, 1985) arbeitet üblicherweise auf Grundlage von Elementen mit einer ihnen eigenen Poetik, wie Wasser oder Glas. Mit einem Bachelor-Abschluss in bildenden Künsten und einem Master in künstlerischen Produktionen und Forschung von der Universität Barcelona hat sie sich nach verschiedenen Glasbläserkursen in Segovia, Barcelona und La Bisbal auf die Glasverarbeitung spezialisiert. Die physikalische Besonderheit von Wasser und Glas hat sie dazu gebracht, sich für Begriffe wie Zerbrechlichkeit, Stabilität und auch für die wissenschaftliche Versuche zu interessieren. Ihre Werke stellen die Schwäche des Gleichgewichts der Ökosysteme in Frage. Sie hat unter anderem mit Institutionen und Einrichtungen wie Lo Pati, Fundació Joan Miró, Fundació Felícia Fuster, Capella de la Misericòrdia, Museu d’Art Modern i Contemporani Es Baluard, Casal Solleric de Palma, Museu Marítim de Barcelona und Arts Santa Mònica zusammengearbeitet. https://larafluxa.net/


59. Biennale der bildenden Künste in Venedig 2022:The Milk of Dreams

Es ist das siebte Mal, dass das Institut Ramon Llull Katalonien auf der Biennale der bildenden Künste in Venedig präsentiert, die mit Cecilia Alemani als Kuratorin vom 23. April bis 27. November 2022 stattfindet. In der vorangegangenen Ausgabe hat das Llull das Projekt To Lose Your Head mit dem Kurator Pedro Azara präsentiert.

Die 59. Internationale Kunstausstellung trägt den Titel The Milk of Dreams. Dieser Name ist einem Buch von Leonora Carrington entnommen, in dem es laut Cecilia Alemani heißt,

dass "der surrealistische Künstler eine magische Welt beschreibt, in der das Leben ständig durch das Prisma der Phantasie revidiert wird und in der sich jeder verändern, verwandeln, zu einer Sache und einer anderen Person werden kann. Die Ausstellung nimmt uns mit auf eine imaginäre Reise durch die Metamorphosen des Körpers und die Definitionen des Menschseins."

In den 1950er Jahren, als sie in Mexiko lebte, träumte und illustrierte Carrington geheimnisvolle Geschichten, zuerst direkt an den Wänden ihres Hauses, dann in einem kleinen Buch mit dem Titel The Milk of Dreams. Die in einem traumweltenhaften Stil geschriebenen Geschichten, der Jung und Alt zu erschrecken schien, erzählen von einer freien Welt voller Möglichkeiten. Dabei sind sie aber auch eine Allegorie eines Jahrhunderts, das einen unerträglichen Druck auf das Individuum ausübte und Carrington in ein Leben im Exil zwang, eingesperrt in psychiatrischen Kliniken.

Laut Alemani basiert diese Ausstellung auf zahlreichen, in den letzten Monaten mit Künstlerinnen geführten Gesprächen. Die dabei auftauchenden Fragen scheinen diesen Moment der Geschichte darzustellen, in dem das Überleben der Spezies bedroht ist, aber sie umfassen auch Zweifel, die die Wissenschaften, Künste und Mythen unserer Zeit durchdringen. Wie verändert sich die Definition des Menschen? Was macht Leben aus und was unterscheidet Tiere, Pflanzen, Menschen und Nichtmenschen? Was ist unsere Verantwortung gegenüber dem Planeten, anderen Menschen und den anderen Organismen, mit denen wir zusammenleben? Wie würden das Leben und die Erde ohne uns aussehen?

Die Ausstellung konzentriert sich vor allem auf drei Themen: die Darstellung der Körper und ihrer Metamorphosen; die Beziehung zwischen Individuen und Technologien; und die Verbindung zwischen den Körpern und der Erde. Cecilia Alemanis Vorschlag konzentriert sich auf die Metamorphosen des Körpers und die Definition des Menschseins in einer Zeit, in der das Konzept des Menschseins und unsere Verantwortung gegenüber dem Planeten, anderen Spezies und unserer eigenen Spezies auf dem Prüfstand steht. Posthumanität oder neue Allianzen zwischen den Arten, die Grenzen zwischen Körpern und Objekten verändern sich unter dem Druck der Technologie und erzeugen Mutationen, die neue Subjektivitäten, Hierarchien und Anatomien hervorbringen. Die Technologie, die Pandemie, die Zunahme sozialer Spannungen und die Umweltkrise erinnern uns daran, dass der menschliche Körper nicht autark ist und dass die Menschen Teil eines symbiotischen Netzwerks von Abhängigkeiten sind, die uns untereinander, mit anderen Arten und mit dem Planeten als Ganzem verbinden.

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